Hale-Bopp mit der CCD-Kamera gesehen
Beobachtungen
Bearbeitung
Ergebnisse und Diskussion
Literaturverzeichnis
1997 verfasst von
A.Kreutzer, R. Pressberger und H.R.Schäfer
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Schuld daran ist eigentlich der Komet Hyakutake im Jahr 1996. Unsere damals
gewonnenen CCD-Aufnahmen vom Kern dieses Kometen zeigten andeutungsweise
bereits ohne Bildverarbeitung die rasch veränderlichen inneren Strukturen des
Kometenkerns. Dies führte zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den
Methoden der Bildverarbeitung. Die Ergebnisse waren so vielversprechend, daß
sich spontan ein Team aus fünf österreichischen Amateurastronomen gebildet hat
mit dem Vorhaben, den Kern von Hale-Bopp nicht "ungeschoren" vorbeiziehen zu
lassen.
Intensive Vorarbeiten waren nötig. Eine zweite, ebenfalls mit einem KAF400 Chip
ausgestattete CCD-Kamera wurde für den transportablen Einsatz angeschafft. Ein
mechanischer Verschluß für die zu erwarteten kurzen Belichtungszeiten mußte
konstruiert und zum Anschluß an vier verschiedene langbrennweitige Geräte an
drei Sternwarten adaptiert werden. Unsere Software zur Bilddatenkonvertierung
und zum genauen Rückzentrieren von Kometenbildern unter MIPS (von Chr. Buil)
wurde verbessert.
Die Beobachtungen
Die Beobachtungskampagne startete Anfang Dezember 96 an der Privatsternwarte in
Harpoint / Oberösterreich mit einem 4"-Refraktor (f/5), als der Komet bereits
gut freiäugig sichtbar war. Es waren bereits drei radial verlaufende Jets zu
sehen, was auf eine starke Staubaktivität des Kerns hindeutete (Abb. 1).
Abbildung 1
Schäfer 03.12.96:
4"-Refraktor der Sternwarte Harpoint
Die Jets verlaufen zunächst radial.
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Abbildung 2
Kreutzer 02.03.97:
12"-Refraktor der Universitätssternwarte Wien, visueller Eindruck
durch logarithmische Helligkeitsabstufung
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Die Beobachtungen wurden Ende Februar und Anfang März in Harpoint mit einem 10"
SC-Teleskop (f/10) und nahezu zeitgleich an der Universitäts-Sternwarte Wien
mit dem 12"-Alvan-Clark Refraktor (f/16) wiederaufgenommen. Anstelle der radial
verlaufenden Jets waren nun auf der zur Sonne gerichteten Seite helle
äquidistante konzentrische Bögen sichtbar (Abb. 2). Wetterbedingt konnten im
März keine weiteren Aufnahmen gemacht werden.
Der Höhepunkt der Beobachtungskampagne kam dann im April. Am 2. April (Zeit des
Perihels) konnten wir zunächst das 14" SC-Teleskop (f/11) in Harpoint
einsetzen. Wir waren von den komplexen Strukturen in der Koma überrascht und
erhofften uns durch eine höhere Auflösung eine bessere Interpretation der
sichtbaren Details. Deshalb setzten wir die Beobachtungen zwischen 3. und 24.
April mit dem 1m RC-Teleskop (f/8.8) an der privaten Purgathofer-Sternwarte bei
Klosterneuburg in Niederösterreich fort. Das Teleskop wurde von einem der
Autoren (R. P.) selbst erbaut. Abb. 3 zeigt die Hauptspiegelzelle des großen
Gerätes mit unserer CCD-Kamera und ein Teil des Aufnahmeteams.
Abbildung 3
Die CCD-Kamera HISIS22 im Fokus des selbstgebauten 1m RC-Teleskops der
Purgathofer Sternwarte bei Klosterneuburg in Niederösterreich.
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Zusätzlich
wurden an diesem Teleskop am 8. April zwei Aufnahmeserien des Kometen mit einer
großformatigen, blauempfindlichen CCD-Kamera der TU-Wien durch Hrn. Dr. Ploner
erstellt.
Bearbeitung
Allen Bildern liegen Aufnahmeserien zwischen 20 und 150 Einzelbildern zugrunde.
Diese wurden auf den Helligkeitsschwerpunkt des Kometenkerns mit
Subpixelgenauigkeit rückzentriert. Die logarithmische Helligkeitsabstufung gibt
den visuellen Eindruck am Okular am besten wieder (siehe Abb. 2). Um jetzt die
feineren Details herausarbeiten zu können, experimentierten wir mit
verschiedenen Filtermethoden. Dabei stellte sich heraus, daß die geeigneten
Methoden teils radiale, teils tangentiale Stukturen hervorheben. Weiters wurden
polare Modelle der Koma generiert, welche durch "unsharp masking" die
Jet-Strukturen in unmittelbarer Kernnähe besonders deutlich hervorheben.
Abbildung 4
Kreutzer 02.03.97:
12"-Refraktor der Universitätssternwarte Wien,
Falschfarben-Komposit aus 3 verschiedenen Kontrastverstärkungsmethoden.
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Abbildung 5
Schäfer 09.03.97: Sternwarte Harpoint,
Gleiche Bildverarbeitungstechnik wie bei Abb. 4, jedoch mit einem 2.8/300mm
Teleobjektiv aufgenommen
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Um die
verschiedenen Filterresultate gleichzeitig beurteilen zu können, kamen wir auf
die Idee, jedes gefilterte Bild in einer einheitlichen Grundfarbe einzufärben.
In der additiven Farbmischung konnten damit bis zu drei Filtermethoden
gleichzeitig in einer plastischen Weise als Falschfarbenbild sichtbar gemacht
werden.
Abb. 4 ist eine derartige Bearbeitung der Abb. 2.
Es sind hier
wesentlich mehr Bögen sichtbar, die nach rechts unten in Richtung Staubschweif
verlaufen. Dies wird auch in der mit kurzer Brennweite (300mm) gewonnenen Abb.
5 sichtbar.
Ergebnisse und Diskussion
Im März lagen die schalenförmigen Strukturen noch so eng beieinander, daß eine
räumliche Deutung nicht möglich war. Wir vermuteten als Ursache eine
periodische Aktivität der Staubemission.
Abbildung 6
Schäfer/Kreutzer 02.04.97:
Aufgenommen mit dem 14" SC-Teleskop, Sternwarte Harpoint
Zwei Aktivitätszentren erzeugen infolge der Rotation des Kometenkerns zwei
kegelförmige Schraubenstrukturen.
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Abbildung 7
Kreutzer/Pressberger/Schäfer 07.04.97:
Aufgenommen mit dem 1m RC-Teleskop der privaten Purgathofer-Sternwarte
Ähnliche Schraubenstrukturen wie in Abb. 6, durch die höhere
Auflösung sind die beiden Jets in Kernnähe besonders deutlich.
Falschfarben-Komposit aus 3 Kontrastverstär-kungsmethoden
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Abbildung 8
23.04.97
Aufnahmebedingungen und Bildverarbeitung wie bei Abb. 7
Hier sind vermutlich mehr als 2 Jets aktiv, wodurch die Schraubenstruktur
komplexer wird
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Erstaunlicherweise änderte sich dieses Bild des Kometen im April radikal, wie
in den Abb. 6 bis 8 sichtbar ist.
Wir vermuten, daß hier nicht bloß Schalen
oder Spiralen, sondern zwei kegelförmig auseinanderlaufende Schraubenstrukturen
vorliegen. Es handelt sich offenbar um 2 Aktivitätszentren, welche mit
unterschiedlicher Radialgeschwindigkeit in einem festen Winkel zur
Rotationsachse Staub emittieren.
Der Unterschied in der Erscheinungsform zwischen März und April läßt sich mit
der starken Änderung der Blickrichtung auf die Rotationsachse des Kometen
erklären. Durch den geringen Winkel zwischen Blickrichtung und Rotationsachse
sind die Schraubenlinien weit geöffnet. Jede Schlinge der Schraubenlinie wird
innerhalb einer Rotationsperiode (11.4 Stunden) erzeugt. Deshalb sind die
Bilder von 2 aufeinanderfolgenden Tagen sehr ähnlich, da ein Tag etwa zwei
Umdrehungen entspricht. Die Dynamik der Strukturen ist besonders deutlich in
diversen MPEG-Videos, die am Internet erhältlich sind, sichtbar.
Abbildung 9a
08.04.97
Aufnahmebedingungen und Bildverarbeitung wie bei Abb. 7
Dieses Bild wurde durch einen Johnson B-Filter mit IR-Cutoff aufgenommen
(Gasverteilung)
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Abbildung 9b
08.04.97
Aufnahmebedingungen und Bildverarbeitung wie bei Abb. 7
Dieses Bild wurde im Kontinuums-Licht aufgenommen (Staubstrukturen)
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Abbildung 9c
08.04.97
Aufnahmebedingungen und Bildverarbeitung wie bei Abb. 7
Dieses Bild ist die Summe aus den Aufnahmen Abb. 9a (blau eingefärbt) und
Abb. 9b (rot eingefärbt)
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Die Abb. 9a bis 9c wurden mit einer 1024x1024 CCD-Kamera aufgenommen und zeigen
die Verteilung des Gases bzw. des Staubes in der Koma des Kometen.
Die Abb. 9a
wurde durch einen Johnson B-Filter kombiniert mit einem IR-Cutoff-Filter
gewonnen und zeigt die Verteilung des Gases in der Koma.
In der Aufnahme 9b
sind vorwiegend Staubstrukturen sichtbar, da diese ohne Verwendung eines
Filters aufgenommen wurde. Diese beiden Bilder wurden nun in der Abb. 9c
zusammengesetzt, wobei die Abb. 9a blau und die Abb. 9b rot eingefärbt wurde.
Da die Abb. 9b aber ca. eine Stunde später aufgenommen wurde, sieht man in der
Abb. 9c bei den "Spiral-Strukturen" rote Ränder, die auf eine Ausdehnung
innerhalb dieses Zeitraumes hindeuten. Im Außenbereich, wo die Änderungen auf
einer langsameren Zeitskala ablaufen, zeigt das Bild die unterschiedliche
Verteilung vom Gas (blau) und vom Staub (rot).
Wir waren trotz der Beobachtung der Koma-Strukturen von Hyakutake ein
Jahr zuvor vom Erscheinungsbild der Kernregion von Hale-Bopp überrascht.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß selten derartig komplexe dynamische
Vorgänge im Nahbereich des Kerns so deutlich hervorgetreten sind.
Wir bedanken uns bei den Herren Michael Grünanger, Dr. Hans Jasicek, Christian
Kreutzer und besonders bei Hrn. Dr. Ploner für ihre tatkräftige Mitarbeit.
Literaturverzeichnis:
(1) Sterne u. Weltraum, Feb. 97, S. 168: Hans Joachim Leue
(2) IAUC 6542, Sekanina and Boehnhardt: Multiple Hale-Bopp jets
(3) Sterne u. Weltraum, Apr. 97, S. 324: F. Colas u. L. Lecacheaux, Pic du Midi
(4) IAUC 6560, Lecacheaux et al.: Rotation period of Comet Hale-Bopp
(5) Sterne u. Weltraum, Apr. 97, S. 324: Calanca & Facchini
(6) Sky & Telescope, Mai 97, S. 32: C. J. Meech, O. Hainaut, James Bauer
(7) IAUC 6583, Jorda et al.: Rotation period of Comet Hale-Bopp
(8) IAUC 6587, European Hale-Bopp Team: spiral-jet and arc structures
(9) Sky & Telescope, Mai 97, S. 32: J. A. DeYoung, US Naval Observatory
(10) Sky & Telescope, juni 97, S. 31: J. A. DeYoung, US Naval Observatory
(11) Sky & Telescope, Juni 97, S. 31: S. M. Larson, C. W. Hergenrother,
University of Arizona
(12) IAUC 6594, Zdenek Sekanina (JPL, Pasadena): Dust models of Comet Hale-Bopp
(13) Sterne u. Weltraum, Juni 97, S. 526: F. Colas, Pic du Midi
Verwendete Internet-Informationen:
(1) Richard West: ESO Hale-Bopp Web-Pages auf
''https://www.eso.org/comet-hale-bopp"
(2) Günther Wuchterl (Institut f. Astronomie) auf
''https://venus.ast.univie.ac.at/~wuchterl.html''
(3) JPL Hale-Bopp Home Page auf ''https://www.jpl.nasa.gov/comet/"
(4) Pic du Midi auf "https://www.obs-hp.fr/~lardiere/halebopp''
(5) Terry Platt (USA): MPEG-Video auf "https://www.jpl.nasa.gov/comet/anim25"
(6) European Hale-Bopp Team: MPEG-Video auf
"https://www.iac.es/comet/jet6mov/apr97.mpg"
Anschrift der Autoren:
Andreas Kreutzer
Reinprechtsdorferstr. 55a/13, A-1050 Wien
Ing. Rudolf Pressberger
Haschhof, A-3400 Klosterneuburg
Dipl. Ing. Hans Robert Schäfer
Hettenkofergasse 32, A-1160 Wien
oder Harpoint 34, A-4893 Zell am Moos